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"To make an end is to make a new beginning"- T.S. Eliot

Monday 29 August 2016

Ein anderer Wind zieht auf



Kaum vorstellbar...aber: Es gibt jetzt jemanden, der sagt, was es zu tun gibt.
Bisher waren wir ja vollkommen auf uns gestellt. Wie die Art der Philippinos ist, fanden sie ja alles toll ( Man fragt dann zum Beispiel: Kann ich das so machen? Oder soll ich das anders machen? Und ob sie einen verstehen oder nicht, ist egal, denn die Antwort ist immer: It's okay. Wobei das ja keine Antwort auf eine Oder-Frage sein kann :D).
Dann hatten wir zwar ne Menge Pläne, wie zum Beispiel auch das Haus, aber dann fehlte der Schlüssel zu dem Lagerraum, dann die Materialien oder bestimmte Personen.
Daran war ich jetzt echt schon gewohnt.
Doch jetzt kam Nanay Mags aus Australien zurück. Und plötzlich saßen wir an einem Fruhstuckstisch, an dem die Pläne für den Tag besprochen wurden. Und es wurde gesagt, was zu tun ist: angefangen bei Plastik-Müll auf dem gesamten Gelände sammeln, die Schweine-Ställe sauber machen, den Stockroom ( In dem alles voll steht aufräumen), die Spenden sortieren und und und.
Ich bin immer noch ein wenig perplex jemanden hier zu haben, der auf Fragen auch einmal wirklich ehrlich antwortet ( Leonard: Gibt es Bedenken, dass wir erst 18 Jahre alt sind, weil die anderen Freiwilligen schon eher älter waren? Ate Mags: Ja.)
The stock room
Aber ganz ehrlich, es ist gut so hier. Zum ersten mal habe ich das Gefühl, dass ich die Pläne, die ich habe auch verfolgen kann. Vielleicht liegt es aber auch daran, dass sie uns alle Schlüssel gegeben hat.
A celebration for a kid who once died in the river
Und genau so wie auf dem Reisfeld ist das hier auch eine zufrieden stellende Arbeit, denn zum Beispiel beim Aufräumen des Stockrooms ( was übrigens super interessant ist, da man dort ,von einem Apple-Laptop, über Pizza-Hut -Werbe-Tshirts, einem Billardtisch, alten Fotos und bis hin zu Millionen Klamotten, Alles finden kann), sind nach und nach Fortschritte zu erkennen.
Es gibt hier eine Learning-Space, die bestimmt mal genutzt wurde, nun aber naja..mehr oder weniger.. verkommen ist und halt nicht mehr genutzt wird. Ich habe mir vorgenommen, diese wieder auf den neusten stand zu bringen, sodass die Kids dort vielleicht auch wirklich gerne hin gehen und sogar ihre Hausaufgaben dort machen wollen. Das ist ein ganzes Stück Arbeit! Mit der Inventur der Bücher geht es jetzt los.
Wie also gesagt ein anderer Wind ist aufgezogen, aber ein guter!

Does, Donts and More


Wie gesagt, ist hier Alles ein wenig anders. Deswegen mal eine kleine Liste, was man hier tut, was man nicht tut und was man tut, obwohl man es nicht tun sollte:

DOES:

>Accepting all kind of animals ( In meinem Kubo lebe ich zusammen mit Jean-Jack, einer Grille, Bobby, einem Gecko und zahlreichen Mosquitos)
>Bring Passa Lubong (So wird das Geschenk genannt, das man immer bringt, egal wo man war oder wohin man geht: Bisher war Kaffee immer akzeptabel)
>Being friendly ( Immer jeden grüßen und versuchen, nicht genervt zu sein, wenn man durchgängig angestarrt wird)
> Etwas kaufen, wenn man jemanden besucht hat ( Da jeder einen eigenen kleinen Shop im Haus hat, haben wir die Erfahrung gemacht, dass es immer besser kommt, wenn man zum Abschluss ein paar Süßigkeiten etc. mit nach hause nimmt, da man damit ja auch finanziell unterstützt)
> Trinken, Trinken, Trinken ( Man glaubt es kaum, aber ich trinke hier bestimmt so 4 bis 5 Liter am Tag-Gut das 15 Liter Wasser hier umgerechnet nur 80 Cent kosten)
> Immer etwas Geld dabei haben ( überall sind kleine Shops und den Süßigkeiten kann man einfach nicht widerstehen)
> Die Hoffnung nicht aufgeben ( irgendwann versteht jeder mit  Händen und Fuessen, was man eigentlich sagen will.)
> Sich auf die philippinische Kultur einlassen ( mit Händen essen kann ganz schön cool sein)
> Den Schweiß akzeptieren ( Er und ich sind mittlerweile beste Freunde... Nein, mal ehrlich, ich bin es nun gewohnt, Schweiß sturzbachartig mein Gesicht runter fließen zu fühlen)
> Draußen sein ( Alles hier ist draußen, für Alle, die mich kennen: Es ist perfekt!)

DONTS

> Toilettenpapier in die Toilette werfen ( Bloß nicht tun, denn Verstopfungsgefahr. Zum glueck bin ich mittlerweile raus aus der Phase, dass ich es automatisch tue und danach in der Toilette fischen kann)
> auf Termine setzen ( Bereits mehrfach erwähnt: Termine gibt es hier so gut wie gar nicht)
> auf Reinlichkeit setzen ( vollkommen überbewertet hier, zumal eh alles wieder schmutzig wird)
> aufs Aussehen achten ( Gut, dass mich niemand von Euch hier sieht, denn ich laufe rum, wie der letzte Penner: Rasieren ist schlecht, da die Beine dann empfindlicher für Kratzer und co. werden, Haare kann man nicht offen tragen wegen der Hitze und was Schminke ist, habe ich schon komplett vergessen)
> Am Tisch den Kopf auf die Hand stützen ( Gilt als unhöflich, habe ich aber bisher noch nicht erlebt)
> Philippinische Aussagen für bare Münze nehmen ( Immer ist alles okay und immer ist das richtig, was man sagt- leider nicht wahr)
> Den Raum nicht abschließen, bzw. Nicht doppelt und dreifach sichern ( es ist definitiv keine angenehme Erfahrung mitten in der Nacht aufzuwachen und einem Kind ins Gesicht zu schauen, das definitiv nichts dort zu suchen hat.)
> De Kids zu sehr vertrauen ( auch wenn sie so Stusses sind und mir nur helfen wollten, die Sachen von dem Volunteers house nach oben zu bringen, fehlten im Endeffekt Suessigkeiten, eine Flasche und diverse Hygiene-Artikel)
>Dont trust prices Jeepney-Drivers tell you ( die reichen weißen haben ja immer zu viel Geld...)
> Die Sonne unterschätzen ( es war keine Sonne da und ich war nicht mal viel unter freiem Himmel und doch durfte ich abends einen kleinen Sonnenbrand feststellen)


Was wir tun und nicht machen sollten

> Ein Messer...1000 verschiedene Tätigkeiten ( dasselbe Messer wird fürs Schlachten, umgraben der Erde, Gemüse schneiden, dem Schneiden von rohem Fleisch, dem Schneiden von wunden und so weiter, verwendet- Einfach drüber hinweg sehen!)

What makes the difference



Mir ist erst jetzt so richtig bewusst geworden, was den Unterschied ausmacht. Den Unterschied zu einem Jahr Ausland, in dem der Fokus auf Reisen liegt, für die nebenbei gearbeitet wird. Der Unterschied zu einem Jahr Ausland, in dem viel Geld dafür ausgegeben wird, in perfekten, reichen Familien zu wohnen und dort zu helfen. Und der Unterschied zu dem, was ich erwartet habe.
Es ist eigentlich ganz simpel: Der Unterschied liegt darin, dass ich eben primär nicht ein Tourist hier bin. Auch wenn ich an neuen Orten meine Kamera heraushole und viele Fotos machen muss, bin ich nicht als Tourist hier. Sondern als Freiwillige und das für ein Jahr.
Ich habe das letztens im Jeepney einem älteren Ehepaar erzählt und im Nachhinein selber darüber gestaunt, als ich ohne Nachzudenken: Yes I live here  gesagt habe.
Der Unterschied ist mir vor allem letztens auf dem Markt bewusst geworden ( Das war übrigens auch ziemlich witzig, da es hiess, dass wir mal eben noch kurz zu einem markt fahren, um ein bisschen was einzukaufen...Im Endeffekt waren wir 4 Stunden unterwegs und auf vier verschiedenen Märkten: Einem Fischmarkt, einem für Obst und Gemüse, einem für Trockenfleisch und Trockenfisch und einem für Sussigkeiten).
Jedenfalls wurde ich auf dem einen Markt wie immer angestarrt. Und nach einer Weile ist mir bewusst geworden, wie ich eigentlich aussah: Meine Arme und Beine mit getrocknetem Schlamm voll, da ich am Morgen Reis gepflanzt hatte, dementsprechend auch meine Klamotten komplett dreckig, zum teil auch noch mit Farbspritzern vom Streichen und an meinen Beinen klebte Fisch-Blut, von dem Fisch, den wir frisch eingekauft hatten und der noch gelebt und gezappelt hat, als ich ihn zum Auto getragen habe.
Ich war mit unserer Supervisorin Ate Jeny unterwegs und als mir das aufgefallen ist, meinte ich nur, dass das ja unglaublich peinlich ist. Daraufhin sagte sie nur: Ja, mich haben auch schon die Leute darauf angesprochen, warum du so aussieht ( Ja, man kann sich vorstellen, wie toll ich mich bei diesem Satz gefuehlt habe). Und dann habe ich gesagt, dass du auf dem Reisfeld warst. Und als sie gefragt haben, was du gemacht hast, habe ich nur geantwortet: gearbeitet. Und dann haben sie aufgehört zu fragen.)
Ich bin schon ein klein bisschen stolz, ein teil hier von zu werden. Den Alltag mitzuerleben und mitzugestalten.
Wann bekommt man schon mal den Einblick in eine, nicht extra für Touristen und co. veränderten, fremde Kultur?